Pressecommuniqué vom 7. Dezember 2005:

Patente auf Leben erreichen neue Dimensionen

Greenpeace stellt Jahresübersicht für 2005 vor

2005 hat das Europäische Patentamt (EPA) mehr Patente auf Gene, Pflanzen und Tiere als je zuvor erteilt. Auf einer Pressekonferenz in Luxemburg wurden heute von Greenpeace die aktuell recherchierten Zahlen präsentiert. Demnach wurden von Januar bis November 2005 206 Patente auf menschliche Gene, 100 Patente auf Pflanzen und 43 Patente auf Tiere erteilt – wesentlich mehr als jemals zuvor innerhalb eines Jahres.

Anlass der Pressekonferenz ist die neu entbrannte Diskussion über die Bio-Patentdirektive der EU in Luxemburg. Die Richtlinie aus dem Jahre 1998 ist bislang noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden. Der derzeit von der parlamentarischen Wirtschaftskommission diskutierte Gesetzesentwurf enthält eine widersprüchliche Formulierung zur Patentierbarkeit menschlicher Gene, Patente auf Pflanzen und Tiere werden überhaupt nicht eingeschränkt.

Sorge bereitet Greenpeace eine neue Dimension bei den Patentanmeldungen: Normale Pflanzen und Tiere sollen auf wirtschaftlich besonders interessante genetische Veranlagungen untersucht werden. Werden die Firmen dabei fündig, werden die jeweiligen Pflanzen und Tiere gleich mitbeansprucht. So beansprucht die Schweizer Firma Syngenta in verschiedenen Patentanträgen mehr oder weniger das gesamte Erbgut von Reispflanzen. Die US Firma Monsanto will sogar ganze Herden von normalen Schweinen patentieren lassen und hat in diesem Bereich bereits mehr als zehn Patente angemeldet.

„Die Entwicklung zeigt, dass bei einigen Firmen jetzt die letzten Schamgrenzen gefallen sind“, erklärt Dr. Christoph Then, Patentexperte von Greenpeace Deutschland. „Wenn die Firma Monsanto ganz normale Schweineherden als Geschäftsidee patentieren lassen will, übertrifft dies die schlimmsten Befürchtungen. Auch die Firma Syngenta hat mit ihren Patentanträgen auf das komplette Erbgut von Reispflanzen die bisherigen Grenzen noch einmal deutlich überschritten.“

Welche Auswirkungen Patente auf Leben für Medizin, Forschung und Landwirtschaft haben können, hat Dr. Christoph Then in der Studie „Die wahren Kosten der Gen-Patente“ dokumentiert: Im Gesundheitswesen explodieren die Kosten, Ärzte werden in ihrer Arbeit behindert, die Pflanzenzucht wird blockiert sowie Forschung und Entwicklung beeinträchtigt. Die von Greenpeace dokumentierten Fälle zeigen, wie systematisch derzeit das Patentrecht zum Abkassieren missbraucht wird. Die Patentinhaber vervielfachen die Kosten zur Untersuchung von Blutproben, verbieten den Einsatz besserer Testverfahren und zwingen Labors, ihre Forschung einzustellen.

In der Pflanzenzucht wird inzwischen alles vom Saatkorn bis zur Ernte patentiert mit enormen Auswirkungen auf Kosten und Struktur des Marktes: Global haben sich inzwischen einige wenige Agrochemie-Konzerne durchgesetzt, die das Geschäft mit Saatgut kontrollieren. „Greenpeace fordert die luxemburgische Regierung auf, jetzt ein Zeichen gegen die Schamlosigkeit der internationalen Konzerne und die Praxis des EPA zu setzen“, fordert Martina Holbach von Greenpeace Luxemburg. „Patente auf Gene sollen ebenso unmöglich gemacht werden, wie Patente auf Pflanzen und Tiere. Firmen und Patentbehörden dürften hier nicht länger die Spielregeln diktieren. Wir fordern die Regierung und die parlamentarische Wirtschaftskommission dringend auf, den Gesetzesentwurf so zu ändern, dass die Patentierbarkeit von Pflanzen, Tieren und dem menschlichen Genom ausgeschlossen wird.“

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© Greenpeace Luxembourg 2001 -- Update: 17-12-05